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FV Biebrich 02
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Die Blauen Stars vom Rhein

Persönliche Erinnerungen an die große Zeit des FV Biebrich 02

Heinz Przybilla (†)

In der Festschrift zum 60-jährigen Bestehen des Biebricher Fußball-Vereins habe ich das Geschehen von 1952 bis 1962 auf elf Seiten geschildert. Zwischenzeitlich sind weitere Jahrzehnte vorüber, und die Zahl der Mitglieder und Freunde, die unsere Glanzzeiten noch miterlebt haben, wird immer kleiner. Wir sind es den zahlreichen 02ern schuldig, die in jenen Jahren auf dem grünen Rasen und im Vorstand mitgewirkt haben, diese Zeiten nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Die Dankbarkeit und Erinnerungen gegenüber den vielen, die nicht mehr unter uns sind, gebietet dies.

Der Spielzweck im Fußball ist relativ einfach. Von der Mannschaft am Ball verlangt er, Tore zu schießen, von der Mannschaft in der Abwehr, Tore zu verhindern. Heute erscheint das dennoch alles kompliziert und bedeutsam, weil mit großem Spektakel daran gearbeitet wird. Wenn ich meine langjährige Tätigkeit als Trainer des FV Biebrich 02 an meinem geistigen Auge vorüberstreifen lasse, muss ich feststellen, dass wir weit weniger Aufwand, aber mit einer guten Kameradschaft das Optimale erreicht haben.

Wintertraining in der Turnhalle

Wir trainierten mit einem Stamm von 25 Mann auf dem Hartplatz, hatten im Winter kein Flutlicht und mussten in der kleinen Turnhalle der Riehlschule unser Trainingsprogramm durchführen. Manche Fensterscheibe ging dabei zu Bruch; aber fleißige Hände sorgten dafür, dass beim nächstenmal alles wieder in Ordnung war. Wir waren deshalb dem Verein dankbar, als die selbstgebaute Flutlichtanlage in der letzten März-Woche 1963 eingeweiht wurde. Eine Bundeswehrauswahl aus dem Bezirk Gießen/Marburg war bei dieser Premiere unser Gegner und wurde deutlich mit 8:1 Toren geschlagen.

Leinbergers Platz stets bespielbar

Mein Training mit den Mannschaften fand jeweils dienstags und donnertags statt. In den 90 Minuten stand der Ball im Mittelpunkt. Er ist ja der springende Punkt, um den sich alles dreht und bewegt. Trainiert wurde bei allen Witterungsverhältnissen, denn Spielausfälle gab es so gut wie überhaupt nicht, und Platzkommissionen kannte man damals nicht. Die Schiedsrichter waren entschlossen, ihr Spiel unter allen Umständen über die Bühne zu bringen. Dazu kam noch, dass wir mit Willi Leinberger einen ehrgeizigen Platzwart hatten, dessen oberste Maxime war, seinen Dyckerhoffplatz in bespielbarem Zustand präsentieren zu können. Mein Augenmerk war vor allem auf die Technik der Spieler gerichtet. Konzentration und Wachsamkeit in Erwartung des Balles. Schnelle Reaktionen und schnelle Beine bringen entscheidende Vorteile. Daher wurden Täuschungsmanöver, Tricks, Dribblings sowie die Ballbeherrschung in Abwehr und Angriff stets geübt. Nicht ohne Grund nenne ich deshalb das eigene praktische Können am Ball als elementare Forderung an einen guten Trainer. Erkannte Fehler wurden duch mein eigenes Vormachen korrigiert und durch klärende Worte untermauert.

Ich war stets bestrebt, den Spielern Begeisterung und Selbstvertrauen zu vermitteln. Begeisterung steckt an. Begeisterte Spieler arbeiten hart und reißen andere mit. Agressive Spieler lassen sich von Müdigkeit und Schmerzen nicht entmutigen. Sie verteilen Schläge und stecken welche ein. Sie überwinden die Schmerzgrenze, kämpfen verbissen um jeden Ball und haben Mut zum Risiko. Aber auch eine gesunde Härte muss erarbeitet werden, um auf engstem Raum und in höchstem Tempo dem Druck des Gegners standzuhalten. Deshalb spielte in unserem Training die Zweikampfschulung, also das Spiel 1:1 eine wesentliche Rolle.

Unser damaliges Spielsystem war relativ einfach. Das im Jahre 1925 durch die Änderung der Abseitsregel eingeführte WM-System wurde von allen Biebricher Mannschaften bis Mitte der sechziger Jahre praktiziert, obwohl die Brasilianer bereits 1958 mit ihrem 4:2:4-System die ganze Welt in einen wahren Fußballrausch versetzt hatten. Bis zum heutigen Tag folgten weitere Systeme, und wir sind sicher noch nicht am Ende.

Biebricher in der Hessenauswahl

Unsere Teams kamen mit dem WM-System, mit dem auch Sepp Herberger 1954 Weltmeister geworden war, bestens zurecht. Jeder Akteur in der Abwehr wusste, wen er zu decken hatte und wenn wir unter Druck standen, orientierten sich die Halbstürmer nach hinten, um die Abwehr zu verstärken.

Darüberhinaus hatten wir schon damals Spielerpersönlichkeiten, die in der Lage waren, sich jeder Spielsituation anzupassen. Nicht umsonst gehörten Weber, Grabowski, Klier, Peuckmann, Hassler, Herbig und Völker in der damaligen Zeit zum Stamm oder engeren Kreis der Hessenauswahl.

Gute Mischung, tolle Reserve

Getragen wurde unser Spiel von einer Mischung aus Alt und Jung, der Erfahrung der älteren und dem Schwung der jüngeren Spieler. Und wir waren im Spielausschuss bestrebt, so wenig wie möglich umzustellen. Auf diese Weise erzielten wir 1961 mit nur 16 Spielern den vierten Tabellenplatz. Und so konnten wir auch eine starke Reserve ins Feld schicken, die in der Zeit der Zugehörigkeit zum Amateur-Oberhaus immer unter den ersten vier zu finden war; zweimal holte sie mit enormen Vorsprung die Meisterschaft. Sie machte jeweils das Vorbild zur ersten Mannschaft und konnte durch gute Leistungen vor einer imposanten Zuschauerkulisse überzeugen. Der Trainer hatte zudem die Möglichkeit, all seine Akteure im Einsatz zu sehen. Das ist im heutigen System leider nicht mehr der Fall.

Wenig Verletzte, keine Schauspieler

Spieler durften damals nicht ausgewechselt werden. Bei Verletzungen mussten sie den Platz verlassen oder nahmen eine Außenposition ein, um einen gegnerischen Abwehrmann zu binden. Allerdings wurden wir in meiner mehr als zehnjährigen Trainertätigkeit von Verletzungen weitgehenst verschont. Ich erinnere mich nur an die Schienbeinbrüche von Wenz und Hassler, an Beinbrüche von Dankelmann und Völker, an den Arnbruch von Peukmann, einem gebrochenen Zeh von Karl-Heinz Klug und an den Muskelfaserriss unseres Mittelläufers Rath. Blutergüsse und Prellungen wurden im Schnellverfahren von unserem Vereinsarzt Dr. Willibald Türr geheilt. Hautabschürfungen, die sehr häufig vorkamen, wurden unter der Dusche mit Kernseife behandelt, von unserem treuen Helfer Jule Jung begutachtet, und danach war alles okay. Unsere Spieler waren nicht wehleidig oder schauspielerisch veranlagt. Wenn man heute sieht, dass das gefoulte Opfer noch in der Lage ist, sich sechsmal am Boden zu wälzen, kann die Verletzung nicht so schlimm sein. Erwähnen möchte ich, dass auch eine gute Juniorenmannschaft am Spielbetrieb beteiligt war - in einer Runde mit den Vertretungen des SV Wiesbaden, der Germania, Hofheim, Kriftel, Flörheim, um nur einige zu nennen. Auch aus diesem Kader stießen später die talentierten Nachwuchskräfte in den Bereich der ersten Mannschaft.

Zuschauerschnitt über 2.000

Bei Heimspielen der "Blauen Stars vom Rhein" erlebten die Biebricher einen Zuschauer-Boom. Tausende von Besuchern drängten sich frühzeitig an den Kassenhäuschen, um einen guten Platz zu ergattern. Die Lokalderbys gegen den Sportverein, die Germania und Kastel 06 waren stets die Knüller der Saison. 6.500 Zuschauer wie am 28. Oktober 1962 gegen den SVW waren da keine Seltenheit. Mit einem Durchschnitt von weit über 2.000 Besuchern konnte man mehr als zufrieden sein. Sie alle kamen, um gute Spiele zu sehen. Namen wie Kunz, Taler und Müller vom VfB Friedberg, Preissendörfer und Zimmermenn von Westend Frankfurt, Himmelmann und Fischer vom VfB Gießen, Tripp und Törner vom VfL Marburg, Galler und Siebert von Kassel 03, Grunenberg von Hermannia Kassel, Rupp von Burgsolms, Grübel und Brinkmann von Preußen Frankfurt, Stein, Schal und Parisol von Darmstadt 98, Lotz von Viktoria Urberach, Zaczyk von Borussia Fulda, Zeitler und Kuhn vom SVW, Schmidt und Kautzmann von der Germania hatten in Hessen einen guten Ruf. Vergessen möchte ich auch nicht die Kasteler Planitzer und Wild, nicht zuletzt unsere Elitegarde mit Jürgen Grabowski an der Spitze. Der Großteil der hier aufgeführten Spieler wechselte später ins bezahlte Fußball-Lager. Selbst unsere Trainingstage hatten eine große Resonanz zu verzeichnen. In der Vorbereitungkamen weit über 200 Zuschauer, um die neuen Spieler kennenzulernen.

Asse vom Straßenfußball

Jetzt mag es anders sein, aber ich richtete schon frühzeitig mein Augenmerk auf die eigene Jugend. Sie spielte damals in unserem Kreis und darüber hinaus eine dominierende Rolle. Es gab nur vier Altersklassen, beginnend von der D- bis zur A-Jugend, also für die Zehn- bis Achtzehnjährigen. Sie kamen vom Straßenfußball in die Vereine und brachten schon gute Fähigkeiten mit. Ein funktionierender Jugendausschuss sorgte für ihre Fort- und Weiterbildung, machte sich Gedanken über die Tuniere und Fahrten und war auch im Außerpolitischen Bereich sehr rege. Da ich die A-Jugend oft trainierte und ihren Spielen beiwohnte, war mir die Leistungsstärke der einzelnen Jungs bestens bekannt. 1962 wurde die Mannschaft Kreis- und Bezirksmeister, nach einem 2:2 gegen Kickers Offenbach und einem 5:2 gegen Bensheim 07 Südhessenmeister. Das Endspiel fand am 30. Juni in Grünberg statt. Es ging knapp mit 2:3 verloren. Trotz dieser Niederlage spielte unsere Elf einen technisch hervorragenden Fußball und hinterließ bei den zahlreichen Besuchern - es fand gerade der Verbandstag in Grünberg statt - einen hervorragenden Eindruck.

Das jüngste Team in Hessen

Ein Großteil dieser A-Jugend stellte kurz darauf den Stamm der ersten Mannschaft. So hatten wir in der Saison 1963/64 einen Kader von 18 Spielern mit einem Durchschnittsalter von 22 Jahren. Mit Klaus-Dieter Herrmann (18), Grabowski, Vogt, Rainer Köhler, dem neu zu uns gestoßenen Gerd Klier (19), Hassler (21), Dinges (22), Weller, Fink (23), Thorand, Herbig, Völker (24), Hansi Werner (27), Meinhardt, Steinmüller (28) und Mannschaftskapitän Willi Peuckmann (29) hatten wir die jüngste Elf in der Hessenliga, die durch gutes Auftreten und herzerfrischenden Fußball viel Sympathien bekam. Für mich als Trainer war diese Neuformierung gewiss keine leichte Sache. Courage und Risikobereitschaft wurden verlangt. So musste ich altgediente Spieler, die den Aufstieg geschafft, dreimal erfolgreich gegen den Abstieg gekämpft, sich besondere Verdienste im Verein erworben hatten, plötzlich in die Reserve verbannen. Dank der Einsicht vieler Spieler, meiner Überzeugungskraft und dem sich schnell abzeichnenden Erfolg ging der Wechsel besser über die Bühne als viele geglaubt hatten.

Die fliegenden Fußball-Boten

In den Tageszeitungen und im Fußballmagazin "Der neue Sport" wurde aufgrund der Tatsache, dass vier Wiesbadener Mannschaften in der Amateurliga spielten, viel geschrieben. In den Montagsausgaben wimmelte es nur so von Schlagzeilen:

Oldtimer Lakatos und Biebrichs neue Garde
Lange Langener Gesichter in Biebrich
Dieter Weber - Held des Tages
Die Preußen keine Gefahr für Biebrich 02
Der große Solist Bubi Meinhardt
Biebrich kontert mit K.o.-Schlag
Kurstadt-Derby mit Pfeffer und Salz vor 8.000 Zuschauern
Biebrichs Stern strahlt heller denn je
Biebricher Pfeile Grabowski, Klier und Hassler
7.000 im Banne eines begeisternden Spiels
Biebrich wie ein Phönix aus der Asche
Biebrichs Kreisel auf vollen Touren
4.000 sahen brilliantes Fußball-Feuerwerk

Von den Auswärtsspielen habe ich nach Spielende den beiden Wiesbadener Tageszeitungen Bericht erstattet. Das war nicht immer einfach, zumal in den Vereins-Gaststätten reger Betrieb und viel Lärm herrschte. Darüber hinaus hatten wir aber für alle Biebricher eine Informationsquelle, die wohl in ganz Deutschland einmalig war: die "fliegenden Biebricher Fußball-Boten". Unser treuer Anhänger Michael Pacholczyk arbeitete mit dem von ihm erfundenen Bieftauben-Nachrichten-System. Die Brieftauben wanderten in einen großen Korb. Bie den Heimspielen oder von den Plätzen der Gegner ließ der Züchter bei jedem Tor eine oder mehrere Tauben in die Lüfte stürzen. Wenn die dann zuhause einkehrten, wurde das in der Gibb, oben in der Kante Weihergasse/Bleichwiese sofort weitergegeben und entsprechend begossen.

Bier und Reisen zur rechten Zeit

Wenn mann von dem guten Zuschauerschnitt hört, müsste man annehmen, dass hierbei für die Spieler ein ordentlicher Batzen abgefallen ist. Das war aber keineswegs so. Ein mit Augenmaß arbeitender Vorstand richtete sich streng nach der Spesenordnung des Hessischen Fußball-Verbandes. Acht Mark für Heim- und 14 Mark für Auswärtsspiele - das war der Tarif, nach dem die Akteure bezahlt wurden. Sie bekamen nur noch donnerstags nach dem Training einen Verzehrgutschein in Höhe von drei Mark. Alle Spieler waren mit dieser Regelung durchaus zufrieden, zumal sich der Spielausschuss nach den Spielen mit dem Verteilen von Biermarken nicht lumpen ließ. Und wir unternahmen als erster Wiesbadener Verein schon damals Reisen ins In- und Ausland. Das hatte neben der Pflege der Kammeradschaft und des Zusammengehörigkeitsgefühls freilich einen weiteren Sinn: Die Termine wurden so gelegt, dass die Fahrten in die Wechselfrist fielen. Nach der Rückkehr konnte somit keon Spieler mehr den Verein verlassen. Reisen nach Weda, Stalinstadt - dem späteren Eisenhüttenstadt, an den Bodensee, nach Lido di Jesolo, Milano Marittma und anderen Zielen waren Ergebnisse, die sicher bei allen heute noch in Erinnerung sind.

Damals schon international

Der Vereinswechsel spielte zu unserer Zeit eine untergeordnete Rolle. Mein Bestreben war es, die talentierten Eigengewächse zu halten, um die Mannschaft nur gezielt zu verstärken. Dabei waren die vom Verein ausgehenden Bemühungen sehr gering, denn viele ehrgeizige Spieler aus unteren Klassen und der näheren Umgebung wollten bei uns spielen. Mit Lakatos, Nestmann, Klug und Norden schafften wir den Aufstieg. Spieler wie Hansi Werner, Meinhardt, Dinges, Barthel, Gerhard Köhler, Helmut Herrmann, Völker und Steinmüller halfen, die schweren Oberliga-Jahre zu überstehen. Danach kamen noch Klier aus Oestrich, Ullrich vom VfB Gießen, Kuhn vom SV Wiesbaden und lallemandt von der Germania. Übrigens hatten wir zu meiner Zeit auch einen Ausländer im Kader. Es war der sympathische Bernard Aubourg, der aus Frankreich kam, bei Albert als Volontär tätig war und bei uns in der ersten und zweiten Mannschaft als Mittelstürmer eingesetzt wurde. Alle passten menschlich und spielerisch in unser Konzept und verstanden es relativ schnell, sich ein- und unterzuordnen. Der Vereinswechsel erfolgte innerhalb von sieben Tagen nach der Abmeldung beim alten Klub. Handgelder und Ablösesummen gab es nicht. Da ist es schon erstaunlich, welche Beträge in der heutigen Zeit beim Transfer eines Amateurs auf den Tisch geblättert wereden, und dies teilweise für Kicker, die den Ball kaum streicheln können. Mäzene und Gönner müssen einspringen, um manchen Schatzmeister vor seinem Herzinfakt zu bewahren.

Bergsteigértour nach Mitternacht

Sponsoren und Bandenwerbung gab es damals kaum, ein Klubheim gar nicht. Unser Torwart Herbert Zimmermann beschaffte lediglich Annoncen für unser Mittteilungsblatt, das monatlich erschien und das Vereinsleben schilderte. Das spielte sich weitgehend auf dem Sportplatz und im Frankfurter Hof, später in der Turnhalle ab. Spielersitzungen, Stunden geselligen Zusammenseins, Feiern jeglicher Art wurden dort abgehalten. Nach dem Abpfiff - ob Sieg oder Niederlage - begann das Gerangel an der Theke. Biere und klare Schnäpse waren die Renner jener Tage. Die Aktiven, auch die Gastmannschaften bewiesen ihre Standhaftigkeit. Bis spät nach Mitternacht wurde getagt. Den Abschluss bildete die obligatorische Bergsteigertour mit Musik und Gesang. Unter der Leitung von Jule Jung mussten Tische und Stühle über- und unterschritten werden.

Schiedsrichter versackt

Auch die Schiedsrichter-Gespanne wurden nicht vergessen. Und wir hatten damals excellente Referees: Eisemann aus Mannheim, Alt aus Frankfurt, Rodenhausen aus Gießen, Spanning aus Kassel, um nur einige zu nennen, hatten im süddeutschen Raum einen Hervorragenden Ruf. Sie wurden von unserem Mitglied, dem damaligen Schiedsrichter-Lehrwart Karl Dörr in einer Biebricher Gaststätte bewirtet und unterhalten. Unvergessen, als wir den Unparteiischen vom Derby-Sieg an der Waldstraße in Biebrich mitnahmen, wo wir mit wehenden Fahnen eintrafen. Dem Mann gefiel es beim Franzek unten am Rheinufer in unserer Gesellschaft so gut, dass er nicht mehr heim nach Darmstadt fahren konnte, sondern auf einem Notlager in der Turnhalle übernachten musste. Während meiner langjährigen Tätigkeit hatte ich es mit weit mehr als hundert Spielern zu tun. Einige Namen sind schon gefallen. Ich trainierte allein zehn Torhüter, nämlich Zimmermann, Kopp, Laux, Dinges, Sauer, Kreis, Debus, Wolf und Hess. Auch hatte ich während meiner Zeit mehrere Generationen zu betreuen. Litzinger, Schäfer oder Lakatos waren älter als ich. Nestmann, Stevens, Kummer, Füll und Meurer waren gleichaltrig, mit Peuckmann und Steinmüller oder Mangels folgte das Mittelalter, und den Schluss bildete die junge Garde mit Herbig beginnend über Hassler bis zum Klaus-Dieter Herrmann.

Pullover für die Spieler gestrickt

Ich erinnere mich an die große Schar der freiwilligen Helfer, an Fußballer und Erlebnisse, die erwähnt werden sollten.

Wer kannte nicht unsere liebe Frau Kerschensteiner, die Pullover für unsere Spieler strickte, einen guten Kuchen backte oder auch den Schiedsrichter mit dem Regenschirm bedrohte. Wer erinnert sich noch an den verschossenen Elfmeter von Heiner Schäfer? Der Ball landete nicht wie gewollt im Tor, sondern traf den Schornstein von Leinbergers Haus.

Als echter Biebricher Bub erlebte Fritz Herbig bereits als Jugendlicher den Einsatz in der ersten Mannschaft. Im Entscheidungskampf um den Aufstieg spielte er in Gießen- Heuchekheim gegen den BC Sport Kassel auf der Position des linken Läufers. Auch dank ihm feierten wir einen hohen 6:1-Sieg.

Unvergessen auch, als unser Rechtsaußen Hansi Vogt nicht zum Spiel von Hünfeld eintaf. So kam der jetzige Vorsitzende Horst Klee, der als junges Spielausschussmitglied die Fahrt mitgemacht hatte, zu seinem einzigen Hessen-Liga-Einsatz. Hinterher war manche Runde fällig, zumal die Partie im April 1965 4:2 gewonnen wurde.

Borkholder Hof in Blau und Weiß

Eine Meisterschaftsfeier besonderer Art wurde uns nach dem Aufstieg 1957 zuteil. Martin Fuhr, der Chef unseres Linksaußen Müller, ließ den Borkholder Hof in den Farben Blau und Weiß erstrahlen. Das Essen wurde in blau-weißem Geschirr gereicht, die Tafel mit blau-weißen Blumengebinden dekoriert, und gespeist wurde bei blau-weißem Kerzenlicht.

Ein schönes Erlebnis für alle Biebricher war die Einweihung des Rasenplatzes am 2. Oktober 1960. Vor großer Kulisse und viel Prominenz wurde Viktoria Uberach 3:1 besiegt.

Beim 1:0 im Entscheidungsspiel um den Klassenerhalt gegen Olympia Lorsch im Juni 1960 in Neu-Isenburg gab unser Jungtalent Franz Hassler sein Debüt auf dem ihm ungewohnten Posten des Linksaußen. Er sicherte sich auf Anhieb einen Stammplatz. Die Spannung in dieser Begegnung war so groß, dass unser Treuer Anhänger Friedrich Steinacker an einem Herzschlag starb.

02-Premiere im Fernsehen

Dieter Weber war der erste Biebricher, der im Fernsehen seinen Einstand gab. Die Sportschau sendete am 21. Novenber 1960 Ausschnitte aus dem Amateur - Länderkampf Hessen - Nordbaden. Seine Abschiedsvorstellung als Amateur gab Weber am 10. Juni 1961 im Berliner Olympiastadion, wo die Hessen gegen Berlin mit 4:0 gewannen. Weber ging alsdann nach Offenbach. Sein Nachfolger in Biebrich wurde Karl-Heinz Laux.

Explosives Silvester-Match

4.000 Zuschauer umsäumten an Sylvester 1960 den Zwinger (unseren Hartplatz) beim Punktspiel gegen den VfB Friedberg. Nachdem hunderte von Besuchern den Schnee niedergetrampelt hatten, sahen sie gemeinsam mit Bundestrainer Helmut Schön und Verbandssportlehrer Rudi Gellesch ein rassiges Match mit einem gerechten 3:3. Nach dem Einläuten des neuen Jahres explodierte ein Riesenkracher, wobei sich unser Jürgen Bernhardt eine Augenverletzung zuzog und ins Krankenhaus eingeliefert werden musste.

Schiedsrichter in Grube gejagt

Von zahlreichen Platzordnern und Polizei musste Schiedsrichter Gathow (Offenbach-Bieber) nach dem 3:3 gegen Darmstadt 98 vor 7.000 Zuschauern in eine riesige Baugrube - die neue Sporthalle war im Entstehen - in Sicherheit gebracht werden. Der Zorn unserer Anhänger wandte sich gegen ihn, weil er dem Gegner zwei Abseitstore geschenkt, andererseits einen klaren Treffer von Rainer Köhler nicht anerkannt hatte.

>p>Ein großer Tag war der 4. März 1961 für Bubi Meinhardt und seine Frau. Filmkameras surrten und Blitzlichter flammten auf, als das junge Paar durch ein Spalier von großen und kleinen Fußballern zum Traualtar schritt. Höhepunkt, als ein schwarzer Bub aus der C-Jugend einen riesigen Blumenstrauß überreichte.

"Der neue Sport" brachte in seiner Ausgabe vonm 15. Februar 1962 von der Partie Biebrich 02 - Hermannia Kassel folgenden Satz: "Ein Artistentor a la Piola von Klier in der horizontalen Lage erzielt, ließ 3.000 Zuschauer noch einmal begeistert Beifall klatschen." Piola war einer der weltbesten Mittelstürmer.

Viele freiwillige Helfer, darunter der heutige Vorsitzende Horst Klee, saugten am 1. Februar 1964 mit Schwämmen und Putzlappen bewaffnet, das viele Wasser vom Rasenplatz, um die Austrgung der Hessenliga-Partie gegen den Sportverein zu ermöglichen. Alle Mühe und Schufterei zahlten sich nicht aus, denn die Begegnung ging mit 2:6 Toren verloren.

Tünnes, Piep, Attila und Co

Namen aus der damaligen Zeit, die man nennen muss:
Ludwig Attila Lakatos, der ewig junge Sohn der Puszta
Christian Piep Müller, der Mann auf dem linken Flügel
Wilfried Rath, der ehrgeizige Stopper aus Leidenschaft
Helmut Tünnes Thorand, der geborene Kämpfer mit der Raketen-Technik
Der lachende Toremacher Gerhard Köhler
Willi Steinmüller, ein Kämpfer von Format
Dieter Weller, der Allrounder vom Dyckerhoff-Platz
Hansi Werner, ein Vorbild für den Nachwuchs
Rainer Köhler, ein Mann von hohen kämpferischen Qualitäten
Hansi Vogt, der schnellste Mann von Biebrich
Willi Peuckmann, unser Gentleman-Sportler - er erhielt Weihnachten 1964 für 500 Spiele in der ersten Mannschaft den erstmals verliehenen Silbernen Ehrenteller,
Zeugwart Jule darf nicht vergessen werden, der zugleich Masseur war. Hohes Lob gilt den vier Spielausschussvorsitzenden, die von 1951 bis 1968 fungierten:
Willi Lindner, Karl Gilles, Paul Haas und Günther Seilberger.

Stets ein lieber Mensch

Abschließend muss ich noch einen Mann erwähnen, mit dem mich all die Jahre eine gegenseitige Achtung verband. Es ist unser lieber Jürgen Grabowski. Als er zu uns kam, habe ich sem damaligen Spielausschuss-Vorsitzenden Günther Seilberger gesagt: "Das wird einmal ein ganz Großer". Das hat sich bestätigt. Er war nicht nur Biebrichs technisch bester und begabtester Fußballer, nein, er ist auch bis zum heutigen Tage trotz seiner vielen Erfolge Mensch und Kamerad geblieben. Und das zeichnet ihn besonders aus. Hessenauswahlspieler, Amateur- Nationalspieler, Bundesligaspieler, A-Nationalspieler und Weltmeister waren Stationen seiner großen Laufbahn. Bei uns trug er die Nummer acht auf dem Rücken. Mit seiner leichtfüßigen, eleganten Art verstand er es, eine gesamte Hintermannschaft auszuspielen. Seine Perfektion am Ball ließ ihn zum Publikumsliebling werden. Haargenau kamen seine Flanken, und der Doppelpass mit Klier oder den anderen Youngstern erfreute jedes Fußballherz. Heute ist er ein großes Vorbild für die Jugend. Ich hatte häufig Gelegenheit, ihn beim Stützpunkttraining in der Sportschule Grünberg zu beobachten, wenn er als "Pate" tätig war.

Sie nannten mich immer Chef

1965 schrieb der "Hessen-Fußball": "Heinz Przybilla schied nach 13 Jahren Trainertätigkeit bei Biebrich 02 von seinem Amt und wurde in der Jahreshauptversammlung in Anerkennung seiner Verdienste mit der Verleihung der Nadel in Gold geehrt und zum ersten Vorsitzenden gewählt". Sie alle nannten mich damals "Chef" und tun es heute noch. Ich bin nicht traurig, dass eine so schöne Zeit vorüber, sondern glücklich, daß sie gewesen ist.

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Zuletzt geändert am 05.07.2011. 02:24:27

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